Welches Sprachniveau habe ich?

Auszugsweise Übersetzung mit Aktualisierungen auf der Grundlage des Blogeintrags "Cadre européen des langues : où en est-on ?" von Éditions Assimil, 24. November 2015

 

Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER)

Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) wurde 2001 vom Europarat erstellt, um Niveaustufen für die Beherrschung einer Fremdsprache nach vordefinierten Kriterien festzulegen. Haben diese Skalen, die in vielen Ländern und für viele Sprachen angewandt werden, zu einer Weiterentwicklung des Lernens geführt? Welche Vorteile und welche Grenzen haben sie mehr als 20 Jahre nach ihrer Einführung?
 

Der GER befasst sich mit der Beurteilung von Fortschritten in den Lernerfolgen bezüglich einer Fremdsprache. Ziel ist, die verschiedenen europäischen Sprachzertifikate länderübergreifend zu standardisieren und untereinander vergleichbar zu machen und einen Maßstab für den Erwerb von Sprachkenntnissen zu schaffen. Der GER ist das Ergebnis einer zwanzigjährigen Forschungsarbeit und soll eine transparente, kohärente und umfassende Grundlage für die Entwicklung von Lehrplänen für den Fremdsprachenunterricht, für die Bereitstellung einer Unterrichtsbasis und für die Bewertung von Kompetenzen bieten. Er wird in Europa verwendet, hat sich aber auch auf anderen Kontinenten verbreitet und ist heute in 40 Sprachen verfügbar.


 

Eine sechsstufige Kompetenzskala

 

Der GER definiert die fremdsprachliche Kompetenz anhand einer sechsstufigen Skala:

 

Elementare Sprachverwendung

A1

 

Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen - z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben - und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.

 

A2

 

Kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, die mit Bereichen von ganz unmittelbarer Bedeutung zusammenhängen (z. B. Informationen zur Person und zur Familie, Einkaufen, Arbeit, nähere Umgebung). Kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht. Kann mit einfachen Mitteln die eigene Herkunft und Ausbildung, die direkte Umgebung und Dinge im Zusammenhang mit unmittelbaren Bedürfnissen beschreiben.

 

 

Selbstständige Sprachverwendung

B1

 

Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.

 

B2

 

Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne grössere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.

 

 

Kompetente Sprachverwendung

C1

 

Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.

 

C2

 

Kann praktisch alles, was er / sie liest oder hört, mühelos verstehen. Kann Informationen aus verschiedenen schriftlichen und mündlichen Quellen zusammenfassen und dabei Begründungen und Erklärungen in einer zusammenhängenden Darstellung wiedergeben. Kann sich spontan, sehr flüssig und genau ausdrücken und auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen.

 

Es wurden ebenfalls die drei Zwischenstufen A2+, B1+ und B2+ eingeführt, um diese Abstufung weiter zu differenzieren.

 

 

Ein transversales Instrument mit Schwerpunkt auf Mobilität

 

Die Skala basiert auf einer umfassenden Befragung in Verbindung mit empirischer Forschung und ist quer durch alle unterrichteten Sprachen angelegt. Sie gilt für Englisch, Spanisch, Chinesisch, Portugiesisch, Russisch und viele andere Sprachen. Dies ermöglicht einen Vergleich von Tests und Prüfungen in verschiedenen Sprachen und die gegenseitige Anerkennung von Sprachzertifikaten, wodurch die Mobilität in Bildung und Beruf vereinfacht wird. In Frankreich beispielsweise wird der Europäische Sprachenrahmen im Bildungsgesetz für Schüler der Primarstufe, der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II verwendet und dient auch in einigen Unternehmen als Bezugsrahmen.

Zu beachten ist, dass bis heute kein gemeinsamer europäischer Test wie z. B. TOEFL oder TOEIC für alle Länder eingeführt wurde.

 

 

Eine Bewertung der konkreten Kenntnisse

 

Die angewandte Skala bewertet die Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler, die sogenannten "can do's", in verschiedenen Kompetenzbereichen: Lese- und Hörverständnis, schriftlicher und mündlicher Ausdruck sowie kommunikative Interaktion oder Mediation durch Übersetzungs- und Dolmetschübungen.

 

 

Ein perfekter Europäischer Sprachenrahmen ... oder fast?


Der Europäische Referenzrahmen in seiner Definition von 2001 bringt viele Vorteile mit sich. Als "gemeinsamer Grundstock" für den Unterricht legt er die Ziele fest, die je nach Sprachkompetenzniveau erreicht werden müssen, unabhängig davon, welche Sprache gelernt wird. Der GER hat zwar wesentlich dazu beigetragen, den schulischen und beruflichen Austausch im Ausland zu vereinfachen, weist aber auch einige Schwächen auf.

Im Rahmen einer Konferenz mit dem Titel "Muss der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) angewendet werden?" vertrat Francis Goullier, Generalinspektor für das Bildungswesen (IGEN) mit Schwerpunkt Sprachen, die Ansicht, dass ein Lehrer nur eine Sache anzuwenden hat, und zwar den Lehrplan und keine Rahmen. Lehrpläne, die mit Bezug auf den Rahmen aufgebaut sind, den sich die Lehrkraft aneignen muss, um autonom zu sein und einen kritischen Blick auf die Erfolge und Mängel des Instruments zu haben.

"Wenn wir den Rahmen für unsere eigenen Zwecke nutzen, müssen wir uns darüber bewusst sein, dass er ein gemeinsames Instrument auf europäischer Ebene ist", fügt Francis Goullier hinzu und weist darauf hin, dass das französische Bildungssystem für die Nutzung des Rahmens verantwortlich ist. Die eingeführte Skala muss in einen Kontext gesetzt werden und darf nicht abgewertet oder "verramscht" werden, nur um das Niveau B2 zu erreichen, das einem fortgeschrittenen Niveau entspricht. Der Referent fügte hinzu, dass Sprachlehrern DVDs zur Verfügung gestellt werden, mit denen sie die reellen schriftlichen und mündlichen Erwartungen der Niveaus A1 bis B2 analysieren können.

Francis Goullier hebt auch die Perspektiven hervor, die der Europäische Sprachenrahmen eröffnet und die zu wenig genutzt werden. Die Lehrkräfte sollten sich nicht auf die Anforderungen dieses Rahmens beschränken, sondern weiter vorausschauen, um die Autonomie der Lernenden und nicht nur ihre Kompetenzen zu fördern. Das Ziel besteht vor allem darin, sie darauf vorzubereiten, ihr Lernen lebenslang zu bereichern, ihre Neugierde zu wecken und ihre Lust am Lernen im Allgemeinen anzuregen. Letztendlich sollen die Lernenden durch den Unterricht Freude an der Vielfalt und der Mehrsprachigkeit entwickeln. Kurz gesagt: Über das Unterrichten einer Sprache hinaus muss der Lehrer die Lust am Lernen vermitteln und bewirken, dass die Kenntnisse der Lernenden erweitert werden und diese sie auf andere Sprachen übertragen.

Das Instrument, das nach Aussage des Referenten unvollkommen und unvollständig ist, hat den Vorzug, eine Gelegenheit zum Austausch zu bieten und getroffene Entscheidungen zu kritisieren, und es so zu bereichern und Fortschritte in der Art und Weise des Unterrichtens zu machen.

 

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